Prof. Dr. Manfred Cierpka – Vortragsexposé – Wintersemester 2004/2005

THEMENSCHWERPUNKT DES STUDIUM GENERALE
OPFER UND TÄTER

Prof. Dr. Manfred Cierpka
(Heidelberg)

Wie aus Opfern Täter werden

Dienstag, 9. November 2004, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Wie ist es vorstellbar, dass jemand, der als Kind selbst in seiner Familie durch Gewalt traumatisiert wurde, später seinen oder anderen Kindern oder seiner Ehefrau das Gleiche antut? Das Aufwachsen in ungünstigen familiären Beziehungen scheint bei der Untersuchung dieser Fragestellung eine übergeordnete Rolle zu spielen. In den Risiko-Familien findet man häufig a) unbefriedigende, konflikthafte Partnerschaftsbeziehungen, b) innerfamiliäre Konfliktlösemuster, in denen die Gewalt als Mittel zur Problemlösung eine Rolle spielt, und c) eine Schwierigkeit im Umgang mit Grenzsetzungen. Die familiäre Transmission der Gewalterfahrung von einer Generation zur anderen kann anhand der Bindungstheorie und mithilfe von psychoanalytischen Konstrukten erklärt werden. Ein Schwerpunkt des Vortrags befasst sich mit den Möglichkeiten, den innerfamiliären Gewaltzirkel zu durchbrechen. Wie kann es gelingen, dass in Familien Gewalterfahrungen nicht wiederholt werden?

Prof. Dr. med. Manfred Cierpka, Jahrgang 1950, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie am Universitätsklinikum Heidelberg, Psychiater, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalytiker, Paar- und Familientherapeut.
Autor zahlreicher Bücher und Veröffentlichungen in der Familiendiagnostik (Handbuch der Familiendiagnostik, Springer), Familienmedizin (zusammen mit S. Krebeck und R. Retzlaff: Arzt, Patient und Familie, Klett-Cotta), Familienforschung und Psychotherapie (zusammen mit G. Reich: Psychotherapie der Essstörungen) und der Gewaltforschung (M. Cierpka (Hrsg.) Kinder mit aggressivem Verhalten, Hogrefe) und Herausgeber des Curriculums zur Prävention von Gewalt in Grundschulen – FAUSTLOS.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Hans-Dieter Schwind
(Landesjustizminister a. D., Professor em. für Kriminologie, Bochum/Osnabrück)
"Alle gaffen ... keiner hilft" – Unterlassene Hilfeleistung bei Unfällen und Straftaten
Dienstag, 16. November 2004, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)