Themenschwerpunkt "Menschenrechte"
Prof. Dr. Marie-Luisa Frick
Assoziierte Professorin, Institut für Philosophie, Universität Innsbruck, Österreich
Was bedeutet das Faktum der Wertevielfalt für den universalen Geltungsanspruch der Menschenrechte?
Montag, 22. Mai 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Während früher oft erst Reisen in ferne Länder weltanschauliche Alterität erfahrbar werden ließen, genügt heute ein Blick in die europäischen Gesellschaften, um festzustellen, dass es keinen "Wert" gibt, der anderen nicht zugleich als "Unwert" gilt, und keine Weltdeutung, die nicht auch bestritten wird. Die Verschiedenartigkeit dessen, was Menschen wichtig ist und woran sie ihr Leben orientieren, bezeugt die fundamentale Offenheit und Pluralität der conditio humana, führt aber im konkreten Zusammenleben häufig auch zu Konflikten. Für die Menschenrechte gilt dies in besonderem Maße, beanspruchen sie doch nicht nur zugunsten aller zu gelten, sondern allseits und überall beachtet zu werden. Wie dieser universale Geltungsanspruch auch gegenüber denjenigen aufrechterhalten werden kann, die (einzelne) Menschenrechte nicht anerkennen oder auch ihre zugrundliegenden normativen Annahmen nicht teilen, ist umstritten. Ist die einzige überzeugende Folgerung ein "Kulturrelativismus" oder umgekehrt das Beharren auf "objektiven" Werten? Lassen sich zwischen den Extremen "Kulturrelativismus" und Dogmatismus auch Mittelpositionen beziehen und wie könnten diese aussehen? Wie dynamisch lassen sich Menschenrechte überhaupt denken bzw. wie viel an "Kompromissen" zwischen unterschiedlichen Werthaltungen können sie zulassen? An diesem Abend wollen wir diesen Fragen gemeinsam nachgehen und anhand aktueller Fallspeispiele in die interkulturelle Menschenrechtsphilosophie eintauchen.
Marie-Luisa Frick, PD, Dr., ist Assoziierte Professorin am Institut für Philosophie der Universität Innsbruck. Im Wintersemester 2016 war sie Visiting Fellow am Human Rights Program der Harvard Law School. Zu ihren jüngeren Veröffentlichungen zählen: Menschenrechte und Menschenwerte. Zur konzeptionellen Belastbarkeit der Menschenrechtsidee in ihrer globalen Akkommodation (Velbrück Wissenschaft 2017); "Wenn Recht an Verbindlichkeit verliert und die Zonen der Unordnung wachsen, rettet uns keine kosmopolitische Moral", in: Welche und wie viele Flüchtlinge sollen wir aufnehmen?, hrsg. von Thomas Grundmann & Achim Stephan (Reclam 2016); "The Cultural Defense and Women's Human Rights. An Inquiry into the Rationales for Unveiling Justitia's Eyes to 'Culture'", Philosophy & Social Criticism 40/2014; "Politische und gesellschaftliche Transformationen unter dem Radar: Ein Irrlicht namens Arabischer Frühling", Leviathan 42/2014; Islam and International Law. Engaging Self-centrism from a Plurality of Perspectives, hrsg. mit Andreas Th. Müller (Brill/Martinus Nijhoff 2013); "Relativismus und Menschenrechte", Erwägen – Wissen – Ethik 24/2013.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Dr. Paul Tiedemann
(Honorarprofessor, Professur für Öffentliches Recht und Europarecht, Justus-Liebig-Universität Gießen · Richter a.D.)
Fichte und die Identitätstheorie der Menschenwürde
Montag, 29. Mai 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)