Prof. Dr. Michael H. Wiegand – Vortragsexposé – Wintersemester 2006/2007

Themenschwerpunkt des Studium generale
"Der Schlaf – Lebensphänomen und Forschungsfeld"

Prof. Dr. med. Dipl.-Psych.
Michael H. Wiegand (München)

Schlaf und Traum

Dienstag, 6. Februar 2007, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Ist die wissenschaftliche und klinisch-therapeutische Beschäftigung mit dem Thema "Traum" im einundzwanzigsten Jahrhundert nicht ein hoffnungsloses, vielleicht liebenswert-nostalgisches, aber letztlich doch fruchtloses Unterfangen? Im Zeitalter der blühenden neurobiologischen und genetischen Forschung, angesichts der Verheißungen von moderner Psychopharmakologie und Gentechnologie mag das Interesse an Träumen in bestimmten ökologischen Nischen (Psychoanalyse, Kunst, Esoterik etc.) noch eine Weile überleben – die "Megatrends" scheinen in andere Richtungen zu gehen.

Der Eindruck täuscht. Überraschenderweise gibt es seit wenigen Jahren, so gut wie unbemerkt von der Öffentlichkeit und sogar der psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachwelt, so etwas wie eine "Renaissance" der Traumforschung. Hintergrund dieses wachsenden Interesses (das sich in einem deutlichen Anstieg der Zahl entsprechender Publikationen dokumentieren lässt) sind die großen Fortschritte der Neurobiologie, wobei vor allem die funktionell-bildgebenden Verfahren eine große Rolle spielen. Stoffwechselvorgänge im Gehirn können in einer noch vor wenigen Jahren nicht für möglich gehaltenen hohen räumlichen und zeitlichen Auflösung wiedergegeben werden. Die Träume sind "über Nacht" zum Paradigma geworden für die Spontanaktivität des Gehirns in Abwesenheit aktuell einwirkender Sinnesreize. Für die neurobiologische Forschung, kombiniert mit experimentell-psychologischer Methodik, eröffnet die Traumforschung heute wieder ein ganz besonders privilegiertes "Fenster zum Gehirn" – eine Vision, die große Parallelen hat zum Postulat Freuds, dass das Studium der Träume einen "Königsweg zum Unbewussten" eröffne.

Professor Dr. Michael H. Wiegand ist Psychiater und Diplom-Psychologe; er hat das Schlafmedizinische Zentrum am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München aufgebaut, das er bis heute leitet. Nach dem Studium der Medizin in Münster, Zürich, Heidelberg und Paris arbeitete er am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München; Schwerpunkt seiner Forschungen waren seinerzeit die Beziehungen zwischen affektiven Störungen und Schlaf, insbesondere die antidepressiven Wirkungen von Schlafentzug; dieses Thema war auch Gegenstand seiner Habilitationsschrift ("Schlaf, Schlafentzug und Depression", Heidelberg 1995). Seine Habilitation im Fach Psychiatrie durch die Medizinische Fakultät der Technischen Universität München erfolgte nach seinem Wechsel an das Klinikum rechts der Isar, wo er – neben dem Aufbau des Schlafmedizinischen Zentrums – die Psychiatrische Poliklinik und später eine offene allgemeinpsychiatrische Station leitete. Forschungsschwerpunkte in dieser Zeit waren die primäre Insomnie sowie Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. In letzter Zeit widmet er sich verstärkt den aktuellen Entwicklungen in der Traumforschung sowie, allgemein, der Thematik kognitiver und emotionaler Vorgänge im Traum (M. H. Wiegand, F. v. Spreti, H. Förstl (Hrsg.): Schlaf und Traum. Stuttgart 2006).

Abschließender Vortrag in dieser Reihe:
PD Dr. Axel Muttray (Oberarzt des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universität Mainz)
Sekundenschlaf
Dienstag, 13. Februar 2007, 18.15 Uhr, N 3 (Muschel)