Prof. Dr. Notger Slenczka – Vortragsexposé – Wintersemester 2004/2005

IAK-MEDIÄVISTIK / STUDIUM GENERALE

ANGST UND TERROR IM MITTELALTER

Univ.-Prof. Dr. Notger Slenczka

Endgültiger Schrecken. Das Jüngste Gericht und die Angst in der Religion des Mittelalters

Donnerstag, 4. November 2004, 18.15 Uhr, P 3 (Philosophicum)

Weniges prägt unser Bild vom Mittelalter so nachdrücklich wie die Bilder vom Jüngsten Gericht und vom Schicksal der Verdammten, die auf Altartafeln, Lehrtafeln, Kirchenportalen und Stundenbüchern besonders aus dem Hoch- und Spätmittelalter erhalten sind. Teilweise exzessive Gewaltdarstellungen sollen beim Betrachter der Bilder Angst und Schrecken erregen.
Doch diese Angst wird nicht ziellos und nicht um ihrer selbst willen geweckt, sondern die Bilder haben einen institutionellen Bezugspunkt, nämlich das Bußsakrament. In diesem Vortrag soll die Funktion dieser Bilder für das Bußsakrament nachgezeichnet werden. Es wird so eine der zentralen religiösen Institutionen des Mittelalters vor Augen geführt; es wird deutlich, welche Funktion die Angst in dieser Institution hat und mit welchem psychologischen Feingefühl die mittelalterlichen Theologen mit dem Phänomen der Angst umgehen; und es wird umgekehrt erkennbar, daß die Funktion der Angst und des Schreckens im Bußsakrament sich auch auf die Deutung der Pein des Gerichtes und der Hölle niederschlägt, deren krasse Realistik jedenfalls bei einigen Theologen vom Bußsakrament her psychologisiert und spiritualisiert wird.

Universitätsprofessor Dr. Notger Slenczka, 1980-1986 Studium der Theologie und Philosophie in Tübingen, München und Göttingen. Promotion 1990, Habilitation 1997, beides in Göttingen. 1997-2000 Lehrstuhlvertretungen in Mainz, Gießen und Tübingen. Seit 2000 Professor für Systematische Theologie am Fachbereich Evangelische Theologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Hauptarbeitsgebiete und –interessen sind die Geschichte der protestantischen Theologie in der Neuzeit; die Grundfragen der ökumenischen Theologie; die Gegenwartsrelevanz der reformatorischen Tradition.
Wichtige Veröffentlichungen: Realpräsenz und Ontologie 1993; Der Glaube und sein Grund – Studien zur Erlanger Theologie I, 1998; Selbstkonstitution und Gotteserfahrung – Studien zur Erlanger Theologie II, 1999; Der Tod Gottes und das Leben des Menschen, 2003.