Prof. Dr. Ram A. Mall – Vortragsexposé – Wintersemester 2005/2006

STUDIUM GENERALE – MAINZER UNIVERSITÄTSGESPRÄCHE
»NORMEN UND KULTUREN«

Prof. Dr. Ram A. Mall (Bremen/München)

Ethische Fragestellungen und Lösungsansätze in West und Ost

Mittwoch, 25. Januar 2006, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Die Vielfalt der geschichtlich gewordenen Kulturen erlegt uns auf, dass kein Denk- und Wertsystem sich in den absoluten Stand setzt. Die größere Gemeinsamkeit zwischen West und Ost besteht mehr in den ethischen Fragestellungen als in den Lösungsansätzen. Dies gilt nicht nur interkulturell, sondern auch intrakulturell. Kulturunterscheidungen und Differenzen kennen Gradunterschiede, und nach einer gewissen Grenze verlieren sie ihre Relevanz und Legitimation. Denn ein europäischer Idealist ist einem indischen Idealisten näher als einem europäischen Materialisten. In dem Vortrag geht es erstens um die Pflicht-, zweitens um die Tugend-, drittens um die Wertethik und viertens um die ontologische Ethik. Dies alles aus einer interkulturellen Perspektive, die die beiden Fiktionen einer totalen Kommensurabilität und einer völligen Inkommensurabilität unter den Kulturen ablehnt und Überlappungen unter ihnen sucht und findet als Vorbedingung für die Möglichkeit interkultureller Kommunikation und Verständigung. Zum Schluss wird eine interkulturelle Konzeption der Ethik und Moral vor- und zur Diskussion gestellt.

Prof. Dr. Ram A. Mall, geb. in Indien. Studium der Fächer Philosophie, Psychologie, Sanskrit, English Language and Literature und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Kalkutta, B.A. 1956 und M.A. 1958. Von 1959–1961 war er an den indischen Universitäten Gorakhpur und Agra als Dozent für Philosophie tätig. 1961 erhielt er ein Deutsches Stipendium für Sprache und Forschung, Studium der Fächer Philosophie, Psychologie, Anglistik und Indologie an den Universitäten Göttingen und Köln. 1963 Promotion an der Universität zu Köln (Thema »Humes Bild vom Menschen«). Rückkehr nach Indien, 1964–1967 Dozentur für Philosophie an der Jadavpur Universität Kalkutta. Auf Einladung von Professor Landgrebe kam er 1967 nach Köln; Forschungen am Husserl-Archiv über das Thema Phänomenologie und Empirismus. 1981 Habilitation an der Universität Trier über das Thema »Der operative Begriff des Geistes. Locke, Berkeley, Hume«. 1977–1989 lehrte er Philosophie an der Universität Trier, 1987 Ernennung zum apl. Professor. 1989–1990 lehrte er Philosophie an der Bergischen Universität/GH Wuppertal, 1990–1991 an der Universität Heidelberg, ab 1991 an der Universität Bremen. Seit 1998 hat er einen Lehrauftrag für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Sommersemester 1999 war er Gastprofessor an der Universität Wien. Seit 1991 ist er Gründungspräsident der internationalen »Gesellschaft für interkulturelle Philosophie (GIP) e. V.« Er ist Mitherausgeber der Reihe: Studien zur interkulturellen Philosophie. Rodopi Verlag, Amsterdam. Ferner ist er in dem Editorial Advisory Board der Reihe: Philosophy and the Global Context. New York/Oxford.

Publikationen des Referenten (Auswahl):
Empirismus und Phänomenologie:
Hume's Concept of Man. An Essay in Philosophical Anthropology. Calcutta New York 1967. – Experience and Reason. The Phenomenology of Husserl in its Relation to Hume's Philosophy. The Hague 1973. – Naturalism and Criticism. The Hague 1975. – Der operative Begriff des Geistes. Locke, Berkeley, Hume. Freiburg i. Br./München 1984.

Vergleichende und interkulturelle Philosophie:
Zur vergleichenden Philosophie und Soziologie. Meisenheim a. Glan 1974. – Zusammen mit Heinz Hülsmann: Die drei Geburtsorte der Philosophie. China, Indien, Europa. Bonn 1989. – Philosophie im Vergleich der Kulturen. Interkulturelle Philosophie – Eine neue Orientierung. Darmstadt 1995. – Mensch und Geschichte. Wider die Anthropozentrik. Darmstadt 2000. – Intercultural Philosophy. NewYork/Oxford 2000. – Essays zur interkulturellen Philosophie. Hrsg. von H. R. Yousefi, Bausteine zur Mensching-Forschung, Neue Folge, Band 4, Verlag Bautz, 2003. – Hans-Georg Gadamers Hermeneutik interkulturell gelesen, Nordhausen 2005. – Ludwig Wittgensteins Philosophie interkulturell gelesen, Nordhausen 2005.

Religionsphilosophie und vergleichende Religionswissenschaft:
Indische Schöpfungsmythen. Bonn 1982. – Die Herausforderung. Essays zu Mahatma Gandhi. Hildes¬heim 1989. – Buddhismus. Religion der Postmoderne? Hildesheim 1990. – Der Hinduismus. Seine Stellung in der Vielfalt der Religionen. Darmstadt 1997. – Zur Theorie und Praxis der Toleranz. Eine interkulturelle und interreligiöse Perspektive. Lembeck, Frankfurt/M. 2003. – Mahatma Gandhi interkulturell gelesen, Nordhausen 2005.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Oliver Scheiding (Amerikanistik, Universität Mainz)
George Washington: Normbildung im Spiegel nationaler Ikonen
Mittwoch, 8. Februar 2006, 18.15 Uhr, N 3 (Muschel)