Prof. Dr. Robert Fleischer · Vortragsexposé · Sommersemester 2009

Das Institut für Klassische Archäologie lädt zu folgendem Vortrag ein:

Prof. Dr. Robert Fleischer
Mainz

Athena, Artemis und Isis auf 3000 m Höhe – der Bronzefund vom Jabal al-'Awd, Jemen

Donnerstag, 7. Mai 2009, 18.15 Uhr, Hörsaal N 3 (Muschel)

Die 1996 durch Zufall gemachte Entdeckung von Hunderten antiker Bronzen auf dem rund 3000 m hohen Jabal al-'Awd im Jemen, den schon eine Inschrift des 7. Jhs. v. Chr. unter seinem heutigen Namen nennt, führte zu einer Grabung des Deutschen Archäologischen Instituts, Außenstelle Sana'a. Bei dieser wurden Teile einer befestigten Siedlung des 1.–3. Jhs. n. Chr. mit noch gut erhaltenen Bauten freigelegt. Der Großteil des Bronzefundes gelangte leider noch vor dem Einsetzen der planmäßigen Untersuchungen in den Kunsthandel und ist seitdem in alle Winde zerstreut, doch auch die heute noch greifbaren Bronzen ermöglichen eine Reihe von Aussagen. Eine qualitativ hervorragende Athenabüste, die Gesichtsmaske des Paradehelms eines Reiters und ein Teil eines Wagens stammen aus dem Römerreich, eine Isis-Tyche, ein Sphinx und andere Darstellungen lassen sich auf Ägypten zurückführen. Das Vorhandensein von derartigen Importstücken im Jemen ist mit der ab Kaiser Augustus einsetzenden Intensivierung der Seefahrt und damit auch der Handelsbeziehungen von Ägypten durch das Rote Meer nach Südarabien sowie weiter nach Indien zu erklären. Gleichzeitig verlor die alte "Weihrauchstraße" von Südarabien durch die Wüste zum Mittelmeer an Bedeutung. Neben den importierten Bronzen vom Jabal al-'Awd stehen Produkte einheimischer Kunsthandwerker sowie solche, die man einer "Grauzone" zwischen "importiert" und "lokal" zuweisen kann. Nach dem Kontext ihrer Entstehung wird zu fragen sein. Alle Funde lagen in einer massiven Zerstörungsschicht des späteren 3. Jhs. n. Chr. Damals haben wohl eingedrungene Abessinier die Stadt erobert und vernichtet; sie wurde in der Folge nicht wieder aufgebaut.

Prof. Dr. Robert Fleischer, geboren 1941 in Wien, Studium der Klassischen Archäologie und Alten Geschichte ebenda, Promotion 1963 und Habilitation 1973 in Wien, bis 1977 Assistent am Österreichischen Archäologischen Institut, 1977 Prof. für Klassische Archäologie an der Universität Mainz. 1988 Kress Lecturer in Ancient Art, Archaeological Institute of America, Boston, und Visiting Prof. am Bryn Mawr College, USA. 2006 emeritiert.
Feldforschungen in Deutschland, Österreich, Griechenland, Türkei, Jemen.
Publikationen (in Auswahl): Antike Bronzestatuetten aus Carnuntum (Graz - Köln 1966). - Die römischen Bronzen aus Österreich (Mainz 1967). - Artemis von Ephesos und verwandte Kultstatuen aus Anatolien und Syrien (Leiden 1973). - Der Klagefrauensarkophag aus Sidon (Tübingen 1983). - Studien zur seleukidischen Kunst I. Herrscherbildnisse (Mainz 1991). - Die römische Straßenstation Immurium-Moosham im Salzburger Lungau (mit V. Weitzel; Salzburg 1998). - Der Wiener Amazonensarkophag (mit I. Domes u. a. Verf.), Antike Plastik 26 (Berlin 1998). - In Arbeit: Die Felsgräber der Könige von Pontos in Amasya (mit N. Birkle; Istanbul ca. 2011).