Prof. Dr. Simone Dietz · Vortragsexposé · Wintersemester 2009/2010

Themenschwerpunkt des Studium generale
"Strategien der Kommunikation. Argumentation, Logik, Rhetorik"

Prof. Dr. Simone Dietz (Düsseldorf)

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht …
Vertrauen und Täuschung in der Alltagskommunikation

Montag, 18. Januar 2010, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)

Lügen haben einen schlechten Ruf: Wer lügt, verfälscht die Wahrheit, verstößt gegen die Regeln der Sprache, missbraucht das Vertrauen seiner Mitmenschen. Dennoch ist das Lügen aus der alltäglichen Kommunikation kaum wegzudenken – ohne diese Fähigkeit wären wir um viele Freundlichkeiten ärmer, wir müssten es uns dreimal überlegen, bevor wir unseren Mitmenschen durch interessierte Fragen Aufmerksamkeit erweisen und könnten uns gegen Neugier oder Feindseligkeit nur durch Stummheit und Gewalt schützen. Gründe genug also, um die verlogene Ablehnung der Lüge aufzugeben und das Lügen als unverzichtbares Element der Alltagskommunikation zu rehabilitieren? Wenn aber kein generelles Wahrhaftigkeitsgebot gilt, könnten wir dann den Worten der anderen überhaupt noch vertrauen? Wäre die Sprache ohne Wahrhaftigkeitsgebot grundsätzlich entwertet?
Der Vortrag untersucht die wichtigsten Argumente, die gegen das Lügen angeführt werden. Dabei wird die These vertreten, dass Lügen kein Missbrauch der Sprache, sondern eine mögliche Form des Sprachgebrauchs darstellt, die wie jedes andere Mittel der Kommunikation einen verantwortungsvollen Umgang erfordert.

Simone Dietz (geb. 1959), Studium der Philosophie und Promotion an der Universität Hamburg, Landtagsabgeordnete der freien und Hansestadt Hamburg, wissenschaftliche Assistentin und Habilitation an der Universität Rostock, seit 2003 Professorin für Philosophie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Veröffentlichungen zum Thema Lügen u.a.: Lügen Bilder? Das Wahrheitsproblem in der Mediengesellschaft, in: Schnädelbach, Hastedt, Keil (Hg.): Was können wir wissen, was sollen wir tun? Reinbek 2009; Die Kunst des Lügens. Eine sprachliche Fähigkeit und ihr moralischer Wert. Reinbek bei Hamburg 2003; Der Wert der Lüge. Über das Verhältnis von Sprache und Moral. Paderborn 2002; Die Lüge von der ″Auschwitzlüge″ – Wie weit reicht das Recht auf freie Meinungsäußerung? Kritische Justiz 28 / 2, 1995.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Gert Ueding (Professor em. für Allgemeine Rhetorik, Universität Tübingen)
Der Redner als Meinungsführer – von Cicero bis Obama
Montag, 25. Januar 2010, 18.15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)