Themenschwerpunkt des Studium generale
"Modell und Wirklichkeit in der Wissenschaft"
Prof. Dr. Steffen Siegel
Wie wir Fotografien betrachten. Über ein neueres Modell des Sehens
Dienstag, 8. Jan. 2013, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Aus der Zeit der Veröffentlichung der Fotografie seit dem Jahr 1839 sind uns eigentümliche Berichte überliefert. Nicht allein war das Erstaunen über diese in der Tat neue Form der Bildlichkeit groß. Man näherte sich diesen Bildern zugleich auch auf erstaunliche Weise. Einer der Erfinder, der Franzose Louis Jacques Mandé Daguerre, pflegte seinem Publikum Lupen zu reichen, damit diesem ganz bestimmt keines jener Details entgehe, die sich in diesen Bildern finden lassen. Und zur selben Zeit begann der Mediziner Alfred Donné damit, Fotografien unter dem Mikroskop zu betrachten, um ihrem visuellen Rätsel auf die Spur zu kommen. Gewonnen ist hiermit ein Modell des Sehens, das vor allem eines zu sein scheint: kurios und für unsere heutige Zeit kaum mehr von Belang. All zu sehr haben wir uns schließlich daran gewöhnt, was es heißt, Fotografien zu betrachten. Der Vortrag hingegen soll zeigen, dass der Blick durch Lupe wie Mikroskop, wenigstens auf metaphorische Weise, auch heute an Aktualität nichts verloren hat.
Prof. Dr. Steffen Siegel ist seit 2009 Juniorprofessor für Ästhetik des Wissens an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören das Verhältnis von Bild und Wissen seit der frühen Neuzeit, Theorie und Geschichte von Fotografie und Kartografie sowie die Methodenkritik der Kunstwissenschaft. Jüngere Publikationen: Tabula. Figuren der Ordnung um 1600 (Berlin 2009). Wiedergängerinnen (Berlin, München 2009). Als Herausgeber: Fotografische Experimente (Themenheft von Fotogeschichte, Nr. 122, 2011). Sowie als Mitherausgeber: Visuelle Modelle (München 2008). Die Werkstatt des Kartographen. Materialien und Praktiken visueller Welterzeugung (München 2011).
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Dr. Felix Schürmann (The Blue Brain Project, École Polytechnique Fédérale de Lausanne)
Das Blue Brain Projekt – Vereinheitlichende Modelle als strategisches Hilfsmittel in der Hirnforschung
Dienstag, 22. Januar 2013, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)