Mainzer Universitätsgespräche
VORTEIL VIELFALT?! DIVERSITÄT IN NATUR, KULTUR UND GESELLSCHAFT
Prof. Dr. Susanne Foitzik
Professorin für Evolutionsbiologie, Leiterin der Arbeitsgruppe Verhaltensökologie und Soziale Evolution, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Vor- und Nachteile von Diversität in Staaten sozialer Insekten
Mittwoch, 3. Mai 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Soziale Insekten, also Ameisen, Termiten, Bienen und Wespen, bilden Staaten, die oft mehrere Tausende bis Millionen von Mitgliedern umfassen können. Diese Gemeinschaften stellen jedoch anders als menschliche Gesellschaften enge Familienverbände dar und diese hohe Verwandtschaft führt zu sehr kooperativem Verhalten. Und dennoch kann Diversität unter sozialen Insekten auch von Vorteil sein. Bei der Honigbiene wurde zum Beispiel gezeigt, dass Völker, bei denen sich die Königin mit mehreren Männchen gepaart hat und infolgedessen Voll- und Halbschwestern in einer Kolonie zusammenleben, besser die Temperatur kontrollieren und Krankheitserreger abwehren können. Diversität ist aber nicht immer gut bei der Parasitenabwehr. So konnte bei Ameisen beobachtet werden, dass eine höhere genetische Vielfalt meist nicht bei der Pathogenabwehr hilfreich ist. Stattdessen hängt die Immunität der Arbeiterinnen von der Krankheitsresistenz ihrer Ammen ab. Soziale Insektenstaaten werden nicht von oben herab regiert, sondern sind selbstorganisiert. Es herrscht Arbeitsteilung und Arbeiterinnen spezialisieren sich für einige Zeit auf bestimmte Tätigkeiten. Ein hohes Maß an Verhaltensvielfalt geht daher meist mit einer erhöhten Produktivität einher. Jedoch kann Spezialisierung auch nachteilig sein: Wird eine Kolonie angegriffen, sind Staaten mit weniger spezialisierten Arbeiterinnen besser bei der Verteidigung, da sie sich schneller auf die neue Situation einstellen können.
Dieser Vortrag wird neue Einblicke in die Rolle von Diversität in sozialen Insektenstaaten geben, die faszinieren, da sie menschlichen Gesellschaften ähneln und dabei so anders organisiert sind.
Susanne Foitzik: Studium der Biologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und an der State University of New York in Albany. Promotion 1998 in Würzburg bei Bert Hölldobler und Jürgen Heinze. Postdoktorandin an der Colorado State University in Fort Collins. Habilitation 2004 an der Universität Regensburg. Von 2003 bis 2009 Professorin für Verhaltensökologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit 2010 Professorin für Evolutionsbiologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie ist leitendende Geschäftsführerin des Institutes für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie und Prodekanin des Fachbereichs Biologie.
In ihrer Forschung befasst sich Susanne Foitzik mit der Evolution, dem Verhalten und der Ökologie von sozialen Insekten. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt dabei auf der Koevolution von sklavenhaltenden Ameisen und ihren Wirten.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Christoph Wulf
(Professor für Anthropologie und Erziehung, Freie Universität Berlin)
Das gemeinsame Erbe der Welt. Diversität und Alterität
Mittwoch, 10. Mai 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)