Prof. Dr. Thorsten Bonacker – Vortragsexposé – Sommersemester 2012

Themenschwerpunkt des Studium generale
»Konflikt und Ethik«

Prof. Dr. Thorsten Bonacker (Universität Marburg)

Gerechtigkeit vor und nach Konflikten Perspektiven der Friedens- und Konfliktforschung

Montag, 7. Mai 2012, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)

In dem Vortrag sollen die verschiedenen Aspekte von Gerechtigkeit bzw. der Wahrnehmung von Ungerechtigkeit für die Entstehung und Regelung von Konflikten behandelt werden. Gerechtigkeit spielt bei der Entstehung von Gewaltkonflikten eine ebenso große Rolle wie bei deren Aufarbeitung. Wenn sich Gruppen ungerecht behandelt fühlen, neigen sie unter bestimmten Bedingungen dazu, kollektiven Protest zu artikulieren. Die jüngsten Konflikte im arabischen Raum sind dafür ebenso Beispiele wie Anti-Regime-Kriege nach dem Ende des Ost-West-Konflikt. Diese Proteste können zu sozialem Wandel führen, indem Rechte zugestanden und Institutionen so verändert werden, dass die Konfliktparteien sie als gerecht betrachten. Sie können aber auch in Gewalt eskalieren. Nach der Beendigung gewaltsamer Auseinandersetzungen entsteht das Problem des Umgangs mit Tätern und damit die Frage, ob Versöhnung, Frieden und Stabilität auf der einen oder Gerechtigkeit auf der anderen Seite im Mittelpunkt stehen sollte. Eine rigorose strafrechtliche Verfolgung von Tätern riskiert das Wiederaufleben des Konflikts, während Amnestieregelungen zwar der nationalen Versöhnung dienen, aber dem Gerechtigkeitsempfinden der Opfer in der Regel widersprechen.

Thorsten Bonacker, Studium der Soziologie, Psychologie, Philosophie und Kulturwissenschaft, 1999 Promotion an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg. 2004–2008 Juniorprofessor, seit 2008 Professor für Friedens- und Konfliktforschung am Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg, Mitglied im Institut für Weltgesellschaft der Universität Bielefeld und im Forschungs- und Dokumentationszentrum für Kriegsverbrecherprozesse der Philipps-Universität Marburg, Leiter des DFG-Projekts zu Internationalen Übergangsverwaltungen in Kambodscha und Kosovo. Weitere Forschungsschwerpunkte: Theorien und Methoden der Friedens- und Konfliktforschung, Soziologie von Nachkriegs- und Interventionsgesellschaften, die Rolle von Opfern in der Aufarbeitung von Makrogewalt, der kambodschanische Genozid.

Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Dirk Semmann
(Juniorprofessor, Research Group Evolution of Cooperation and Prosocial Behaviour, Courant Forschungszentrum »Evolution des Sozialverhaltens«, Georg-August-Universität Göttingen)
Evolution der Kooperation
Montag, 14. Mai 2012, 18:15 Uhr, N 1 (Muschel)