Themenschwerpunkt
INSPIRED BY NATURE – IDEENQUELLE NATUR
Prof. Dr. Ulrich Gebhard
Professor für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Didaktik der Biowissenschaften, Arbeitsbereich Didaktik der Naturwissenschaften, Universität Hamburg
Natur als Erfahrungsraum und Sinninstanz
Dienstag, 14. November 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)
Unser Wissen darüber, von welcher Art und Qualität die "äußere Natur" sein sollte, um die Entwicklung der "inneren Natur" des Menschen eher zu stärken und zu fördern, ist begrenzt. Darüber, wie die menschliche Umwelt in den ersten Lebensjahren aussehen sollte, wissen wir mehr, beispielsweise, dass dazu eine haltende Atmosphäre und verlässliche Bezugspersonen gehören. Natürlich ist es keine Frage, dass der Mensch als Naturwesen ökologisch und evolutionär in die Natur eingebunden ist und sie insofern in einem sehr grundlegenden Sinne "braucht". Vor dem Hintergrund dieses prinzipiellen ökologischen Zusammenhangs wird hier die These vertreten, dass der Mensch "Natur" auch noch in weiteren Hinsichten "braucht": als Erfahrungsraum und als Sinninstanz. Bei unseren Naturbeziehungen geht es nicht nur um das Überleben, sondern auch um das sinnerfüllte Leben. Deshalb ist auch die symbolische und ästhetische Valenz von Naturerfahrungen wichtig.
Der psychische Wert von "Natur" besteht auch in ihrem ambivalenten Doppelcharakter: "Natur" vermittelt die Erfahrung von Kontinuität und damit Vertrautheit und zugleich ist sie immer wieder neu, eben vielfältig. Naturerfahrungen entsprechen so einem grundlegenden Wunsch nach Vertrautheit und zugleich einem ebenso grundlegenden Neugierverhalten, dem auch durch die Vielfalt der Natur entsprochen werden kann.
Die Wirkung von Natur ereignet sich nebenbei. Der Naturraum wird als bedeutsam erlebt, in dem man eigene Bedürfnisse erfüllen, in dem man eigene Phantasien und Träume schweifen lassen kann und der auf diese Weise eine persönliche Bedeutung bekommt. Die Erfahrung von Natur kann damit zu einem Element eines "guten Lebens" werden.
Ulrich Gebhard, Prof. Dr., Universität Hamburg, Studium der Biologie und Germanistik, psychoanalytische Ausbildung. Aktuelle Arbeitsschwerpunkte: Psychische Bedeutung von Natur, Naturerfahrung und Gesundheit, Deutungsmuster und Werthaltungen von Kindern gegenüber Natur, Sinndimension schulischer Lernprozesse, Intuition und Reflexion.
Zum Weiterlesen: Gebhard, Ulrich: Kind und Natur. Die Bedeutung der Natur für die psychische Entwicklung. VS-Springer, Wiesbaden 2013 (4. Auflage).
Gebhard, Ulrich: Naturverhältnis und Selbstverhältnis. In: Scheidewege 35, 2005/2006, S. 243–267.
Nächster Vortrag in dieser Reihe:
Prof. Dr. Harald Luksch
(Inhaber des Lehrstuhls für Zoologie, Technische Universität München | Principal Investigator,
Bernstein Center for Computational Neuroscience Munich)
Neurobionik – von Biohybriden, Robotern und intelligenten Algorithmen
Dienstag, 28. November 2017, 18:15 Uhr, Hörsaal N 1 (Muschel)