Prof. Dr. Ursula Gärtner – Vortragsexposé – Wintersemester 2006/2007

Das Seminar für Klassische Philologie und das Studium generale laden zu folgendem Gastvortrag ein:

Prof. Dr. Ursula Gärtner (Potsdam)

Levi calamo ludimus
Zum poetologischen Spiel bei Phaedrus

Donnerstag, 25. Januar 2007, 18.15 Uhr
Hörsaal P 2 (Philosophicum)

Von Phaedrus heißt es gemeinhin, er habe in seinen Fabeln schonungslose Moralkritik geübt; hier lasse sich die Stimme des kleinen Mannes vernehmen, der sich als Freigelassener den Sklaven und der plebs verbunden fühle und die Fabel als einzige Möglichkeit des verhüllten Protests zu nutzen wisse. Dabei rufe er aber nicht zum Aufstand auf, sondern predige hinter dem Spott bitter die Anpassung. Verwunderung, wenn nicht sogar Ablehnung haben Phaedrus’ stolze Aussagen über seine Dichtung hervorgerufen, da sie einerseits beinahe penetrant wirken, andererseits in einem gewissen Missverhältnis zu den Gedichten selbst zu stehen scheinen. Ausgehend von Phaedrus’ Vorstellung vom idealen Leser wird im Vortrag die Frage nach der Funktion seiner Dichtungskritik gestellt; daran schließen sich Überlegungen zu seinen Gönnern und am Ende zu Phaedrus selbst und seinen Rezipienten an. Es lässt sich zeigen, dass hier nicht nur ein gebildeter Autor für ein belesenes Publikum schreibt, sondern sich auch die oft gerügten Passagen als durchaus heitere Auseinandersetzung mit den poetologischen Aussagen seiner Vorgänger zu erkennen geben.

Ursula Gärtner (Jahrgang 1965) studierte Klassische Philologie, Ev. Theologie und Lateinische Philologie des Mittelalters in Heidelberg, Freiburg, Basel (Schweiz) und Pittsburgh (USA). Ein Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes führte 1992 zur Promotion in Freiburg mit der Arbeit „Gehalt und Funktion der Gleichnisse bei Valerius Flaccus“ (erschienen als Hermes Einzelschrift Stuttgart 1994). Danach Tätigkeit als Assistentin bei dem Leipziger Latinisten E. Stärk und Habilitation dort im Jahre 2000 mit der Arbeit „Quintus Smyrnaeus und die Aeneis. Zur Nachwirkung Vergils in der griechischen Literatur der Kaiserzeit“ (erschienen München 2005). Nach mehreren Vertretungen (u. a. Sommersemester 2001 in Mainz) wurde sie 2002 auf den Lehrstuhl für Klassische Philologie an der Universität Potsdam berufen. Neben den durch die beiden Qualifikationsarbeiten umrissenen Forschungsgebieten arbeitet Frau Gärtner unter anderem über Livius, Lucilius, Cicero und Phaedrus.