Prof. Dr. Wolfgang Höpken – Vortragsexposé – Wintersemester 2012/2013

Die Zweigstelle Mainz der Südosteuropa-Gesellschaft, der Arbeitsbereich Osteuropäische Geschichte und das Studium generale laden zu folgendem Vortrag ein:

Prof. Dr. Wolfgang Höpken (Leipzig)

Durchherrschte Freiheit – Wie liberal (autoritär) war Jugoslawien?

Mittwoch, 21. November 2012, 18:15 Uhr, Fakultätssaal, 01-185 (Philosophicum)

Jugoslawien galt, bevor das Land 1991 in einem blutigen Krieg versank, als Modell eines anderen, eines "besseren" Sozialismus. Reisefreiheit, größere Offenheit nach innen wie außen, aber auch der Anspruch auf ein alternatives, partizipationsintensives Konzept des "Selbstverwaltungssozialismus" ließen das Land nach Ost- wie nach Westeuropa zeitweilig eine Strahlungskraft entfalten, wie es kaum einem anderen sozialistischen Land je gelang. Von diesem Image ist innerhalb wie außerhalb des ehemaligen Jugoslawiens heute, nach einem Jahrzehnt des Kriegs und des Staatszerfalls, nichts mehr geblieben. Im Gegenteil: Staat und System Jugoslawiens gelten heute zumeist als von Anfang an zum Scheitern verurteilter Irrweg, dessen schein-liberale Fassade seinen in Wahrheit totalitären Charakter nur mühsam habe überdecken können.

Was also war der jugoslawische Sozialismus? Wie autoritär oder wie "liberal" war er, wie ist er in das Tableau der Entwicklungspfade sozialistischer Herrschaftssysteme in Osteuropa einzutakten? Was lag zwischen ihm, der DDR, Ungarn oder Polen – strukturelle Unterschiede oder doch nur graduelle Divergenzen einer im Prinzip ähnlich autoritären Herrschaftsausübung? Darauf möchte der Vortrag eine Antwort versuchen zu geben.

Prof. Dr. Wolfgang Höpken, seit 1995 Professor für Ost- und Südosteuropäische Geschichte an der Universität Leipzig. Studium der Geschichte, Slavistik, Politikwissenschaft und Pädagogik an der Universität Hamburg. Berufliche Stationen u.a.: Hochschulassistent an der Universität Hamburg, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Südost-Institut München, Direktor des Georg-Eckert-Instituts für Internationale Schulbuchforschung Braunschweig. Vizepräsident der Südosteuropa-Gesellschaft, Vorsitzender der Südosteuropa-Kommission der Göttinger Akademie der Wissenschaften. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Kulturgeschichte Südosteuropas, in jüngerer Zeit insbesondere Geschichte der Erinnerungskulturen, Geschichte der Gewalt.

Publikationen (Auswahl): Transformationsprobleme Bulgariens im 19. und 20. Jahrhundert. Historische und ethnologische Perspektive (Mithg.). München 2007; Ethnische und politische Gewalt in Südosteuropa und Lateinamerika (Mithg.). Köln u.a. 2000; Die Gedanken der Tat: Intellektuelle und Gewalt im früheren Jugoslawien, in: Susanna Hartwig, Isabella von Treskow (Hrsg.): Bruders Hüter – Bruders Mörder. Intellektuelle und innergesellschaftliche Gewalt. Berlin, New York 2010, S. 41–64; Gibt es eine "balkanische" politische Kultur? in: Südosteuropa-Mitteilungen 49(2009)6, S. 30–47.

Veranstaltungsort: Philosophicum, Jakob-Welder-Weg 18, 55128 Mainz