Themenschwerpunkt "Über Seidenstraßen – Kulturtransfer und Globalisierung" – Konzept – Wintersemester 2019/2020


Grenzen zwischen Asien, Afrika und Europa überschreitend, tauschen Menschen seit Jahrtausenden Waren, Wissen und kulturelle Traditionen über große Handelsstraßen, Seewege und Reiserouten aus. Seide, Gewürze, Porzellan, Glas und Schießpulver – seit der Antike trug die alte Seidenstraße als ein transkontinentales Netz von Handelswegen zum Kulturtransfer und zur Globalisierung der Alten Welt bei. Sie verband Ostasien über die Levante mit dem Mittelmeerraum und ermöglichte im Mittelalter den geistigen und materiellen Austausch zwischen einer Vielzahl von Ethnien und Kulturen, Weltanschauungen und Sprachen. Der Kulturaustausch und Wissenstransfer zwischen der asiatischen, arabischen und europäischen Welt in der Epoche von 500 bis 1500 förderte die Entwicklung und den Aufstieg Europas. So gelangten bspw. antike wissenschaftlich-technische Errungenschaften von Griechenland über Rom und Byzanz in die islamische Welt und erreichten über Italien und Spanien wieder den europäischen Raum. Bereits in der Frühen Neuzeit vermittelten Händler, Seefahrer und Missionare neben dem Güteraustausch auch den Transfer von kulturellen Konzepten, Wissen und Technik zwischen Europa und China.

Aus globalgeschichtlicher Sicht lassen sich ab dem 19. Jahrhundert immer stärkere kulturelle, politische und soziale Verflechtungen beobachten – mit einer rasanten Beschleunigung der weltweiten Vernetzung als explizite "Globalisierung" seit dem Ende des 20. Jahrhunderts. Die von China 2013 initiierte Wiederbelebung der Seidenstraße ist das derzeit ambitionierteste Globalisierungsprogramm mit mehr als 100 beteiligten Staaten. Warum weckt die neue Seidenstraße als "One Belt, One Road"-Projekt sowohl Hoffnung als auch Unbehagen? Wie gestalten sich interkulturelle Prozesse des Kulturtransfers damals und heute? Wer sind die Akteure und Vermittler? Wie verlaufen Selektion und Rezeption von Kulturgütern und Wissen aus anderen Kulturräumen? Eine differenzierte Kulturtransferforschung wurde ursprünglich in den Literatur- und Kulturwissenschaften am Beispiel der kulturellen Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland entwickelt. Forschungen zu Kulturkontakten, Hybridität, Interkulturalität etc. haben sich aber auch in anderen Fachgebieten wie der Philosophie oder den Geschichtswissenschaften etabliert.

In unserer interdisziplinären Vorlesungsreihe möchten wir Prozesse des Kulturtransfers im Kontext von Globalisierung erörtern. Dabei sollen aus der Perspektive verschiedener Fächer auch Aspekte wie Migration, Identität und Transkulturalität diskutiert und Forschungen zu unterschiedlichen Phänomenen wie alte und neue Seidenstraßen, Mittelmeerraum im Mittelalter, globalisiertes Essen, Künstler- und Pilgerreisen vorgestellt werden.

Vorlesungsreihe am Montag