Zarras, Dr. Nektarios – Vortragsexposé – Wintersemester 2019/2020

Veranstaltung des Instituts für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft IKM –
Abteilung Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte

Dr. Nektarios Zarras (Rhodos)

Mittelbyzantinische Dedikationsinschriften aus Makedonien. Neue Einblicke ins Stifterwesen: Amtsgewalt, Identität und Raum

Mittwoch, 11. Dezember 2019, 18:15 Uhr, Hs 02-521, Georg-Forster-Gebäude, J.-Welder-Weg 12

Im Vortrag werden neue Erkenntnisse präsentiert, die sich aus der erneuten Überprüfung bereits publizierter Stifterinschriften der mittelbyzantinischen Zeit ergeben und die zum besseren Verständnis der Ideologie der Stifter beitragen. Der Vortrag hat drei Hauptstränge: erstens die Präsentation des Stifters in öffentlichen Bauten und die Rolle der staatlichen Amtsträger, zweitens die Stiftertätigkeit auf dem Heiligen Berg und drittens der Bezug der Inschriften zur Symbolik der Ikonographie und des sakralen Raums. Eine der bedeutendsten Kategorien von Stifterinschriften ist die der Befestigungswerke. Diese Inschriften liefern wichtige Informationen zur militärischen und politischen Ideologie des byzantinischen Staates in Hinsicht auf die Einstellung zum Patronat. Als charakteristische Beispiele werden die Inschrift der seeseitigen Stadtmauern von Thessaloniki (904/05) sowie die heute im archäologischen Museum von Kavalla befindliche Inschrift von der Festung des byzantinischen Christοupolis (925/26) diskutiert. Bei diesen Inschriften wird eine neue Annäherung unternommen, indem die Auswertung historischer Quellen zur Dokumentation der Stiftertätigkeit der in den Inschriften genannten Amtsträger herangezogen wird. Von den wenigen aus mittelbyzantinischer Zeit erhaltenen Inschriften vom (Heiligen Berg) Athos wird hier das Stifterepigramm vorgestellt, das die Mosaikdarstellung der Deesis im Mesonyktiko (Exonarthex) des Klosters Vatopedi bekrönt. Die Beziehung beider in der Inschrift genannten Personen – des Abts und Stifters des Deesis-Mosaiks (Ende 11. Jh.) Ioannikios und des Mönches Sophronios – wird einer erneuten Untersuchung unterzogen. In den mittelbyzantinischen Stifterinschriften erreicht die Beziehung des Stifters zur Kirchen-stiftung in außergewöhnlich narrativen Texten ihren Höhepunkt. Bei der Kirche der Hagioi Anargyroi (Ende 12. Jh.) in Kastoria künden Stifterepigramme von der aufregenden Geschichte des Theodoros Lemniotes. Mein Hauptziel bei der Untersuchung dieser bekannten Inschrif¬ten ist die Zurschaustellung von Lemniotes' persönlicher Beziehung zur Kirche im Text. Der Text der Inschrift zeigt einen direkten Bezug zur Ikono-graphie und das Leben des Patrons.

Nektarios Zarras, Doktor der Byzantinischen Archäologie und Kunstgeschichte, führte von 2006 bis 2017 Lehraufträge an den Universitäten von Patras und Rhodos durch. Seit 2017 lehrt er als Assistenzprofessor am Fachbereich für Mittelmeer-Studien an der Ägäis-Universität in Rhodos. Im Sommer 2013 war er Sti-pendiat von Dumbarton Oaks in Washington und im selben Jahr wurde er mit dem "Maria Theochari-Preis" für seine Dissertation mit dem Thema "Der ikonographische Zyklus der Erscheinungen des auferstandenen Christi in der paläologischen Wandmalerei des Balkanraums" (2011 in Thessaloniki erschienen) ausge-zeichnet. 2016–2018 war er Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Universität Münster, wo er sich dem Studium der mittelbyzantinischen Stifterinschriften in Makedonien widmete. Seine wissenschaftlichen Interessensgebiete umfassen viele Gebiete wie etwa Mosaik¬fu߬böden, Wandmalerei und Ikonographie sowie Epigraphik. Zu seiner reichen Publikationstätigkeit gehören zahlreiche Artikel in bedeutenden wissenschaftlichen Zeitschriften sowie Kongress- und Sammelbänden. Zudem ist er wissenschaftlicher Leiter der Universitätsgrabung in Kymisala in Südrhodos.

Literaturauswahl: C. ASDRACHA – Ch. BAKIRTZIS, Inscriptions protobyzantines et byzantines de la Thrace Orientale et de l’ île d’Imbros (IIIe – Xve siècles), Athen 2003; S. KISSAS, Μολυβδόβουλλα της αγίας Σοφίας Θεσσαλονίκης, SBS 2 (1990), ed. N. Oikonomides, 189–191; N. OIKONOMIDES, Dedicatory inscription of Eğri Taş Kilisesi (Cappadocia), in: Okeanos, 501-506; A. RHOBY, Byzantinische Epigramme auf Fresken und Mosaiken, Wien 2009; A. RHOBY, Epigramme auf Ikonen und Objekten der Kleinkunst, Wien 2010; A. RHOBY, Interactive Inscriptions: Byzantine Works of Art and Their Beholders, in A. M. Lidov (ed.), Prostranstvennye ikony, Moskow 2011, 317–333; A. RHOBY, The Meaning of Inscriptions for the Early and Middle Byzantine Culture. Remarks on the Interaction of word, Image and Beholder, (Settimane di Studio), Spoleto 2012, 731–753; A. RHOBY, Byzantinische Epigramme auf Stein, Wien 2014; I. ŠEVČENKO, Observations concerning inscriptions on Objects Described in the Catalogue 'The Glory of Byzantium', Palaeoslavica VI (1998), 243–252; G. VELENES, Σχόλια και παρατηρήσεις σε πολύστιχες πλίνθινες επιγραφές, in: Αντίφωνον. Αφιέρωμα στον καθηγητή Ν. Δρανδάκη, Thessalonike 1994; E.N. TSIGARIDAS, Ιερά Μεγίστη Μονή Βατοπαιδίου, Α΄ Hagion Oros 1996, esp. 222–224.